„JEDE ZEIT HAT IHRE AUFGABE,
UND DURCH DIE LÖSUNG DERSELBEN RÜCKT DIE MENSCHHEIT WEITER.“

HEINRICH HEINE

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Mi 13. Sep 2017
Jour fixe, mit Damen

BESUCH DER „ALTEN SYNAGOGE“ UND DES THEATERS IM RATHAUS IN ESSEN (FOTOGALERIE)

Ungeachtet der Widrigkeiten des Orkantiefs Sebastian trafen die Heine-Freunde und ihre Damen gegen viertel vor vier vor der Alten Synagoge in Essen ein. Nachdem Heine-Freund Rolf Purpar die den Windböen Trotz bietende Gruppe auf dem Treppenaufgang zum Hauptportal fotografiert hatte, suchten alle im Eingangsbereich der Synagoge Schutz vor dem auflebenden Sturm. Geborgenheit ist auch ein Merkmal von Gotteshäusern.........

Begrüßt wurden die Besucher aus der Landeshauptstadt Düsseldorf von Dr. Uri Robert Kaufmann, dem Leiter dieser als Gotteshaus nicht mehr genutzten Synagoge. Der schweizer Historiker, Studium in Jerusalem, spezialisiert auf jüdische Geschichte, übermittelte als erstes Grüße von unserem Düsseldorfer Heine-Freund Michael Szentei-Heise, der es bedauerte, aus Termingründen leider nicht teilnehmen zu können. Anschließend gab Dr. Kaufmann in seiner Einleitung einen kurzen Aufriss über die wechselhafte Geschichte des 1913 eingeweihten Gotteshauses. Die historischen Zäsuren sind schnell aufgezählt: In der Pogromnacht 1938 in Brand gesetzt, der das Innere des Gebäudes mit seiner wertvollen Ausstattung zerstörte, überstand das massive Bauwerk die Bombardements. Ihr Nachkriegsschicksal als Ruinenmahnmal endete 1959 mit dem Erwerb durch die Stadt Essen. Die Pläne sahen vor, das Gebäude in ein Haus Industrieform umzuwandeln. So erfolgte mit der Entkernung eine zweite Zerstörung, da das gesamte beschädigte Interieur entfernt wurde.

Nach einem Brand in der Industrieausstellung wurde 1979 beschlossen, die Alte Synagoge zur Erinnerung an den deutschen Widerstand in eine Gedenkstätte und ein politisches-historisches Dokumentationsforum zu überführen. 1986 bis 1988 wurde In einer aufwändigen Rekonstruktion die Anmutung des vormaligen Innenraums geschaffen. 2008 wurde letztlich das Konzept verabschiedet, in der sich die Alte Synagoge als interkulturelle Begegnungsstätte und Haus jüdischer Kultur präsentiert. Die Vermittlung des „Way of Life“ der jüdischen Mitbürger in seinen Facetten steht im Fokus.

 

Dr. Kaufmann betonte die bedeutende Rolle der wohlhabenden jüdischen Familien in Essen, die mit ihrem Geld die Errichtung des Bauwerks erst ermöglichten. Von den über 4.000 Mitgliedern der jüdischen Gemeinde fanden 2.500 in den Vernichtungslagern den Tod. Von daher ist auch der in der Nachkriegszeit von israelischen Juden geäußerte Wunsch zu verstehen, die Synagoge solle als Mahnmal an die Shoa erinnern.

 

Der für seinen vorzüglichen Vortrag mit Applaus verabschiedete Dr. Kaufmann übergab die Besuchergruppe des Heinrich Heine Kreises zur Führung durch das Haus an die Kulturhistorikerin Dorothee Rauhhut. Frau Rauhhut geleitete zu den fünf Ausstellungszonen der Alten Synagoge und gab detaillierte Einblicke in das religiöse Innenleben einer Synagoge, informierte ausführlich über die Ausgestaltung des Innenraums bis zur Pogromnacht und demonstrierte an vielen Exponaten den Way of Life unserer jüdischen Mitbürger. Zum Abschluss vermittelte der Ausblick von einer Empore im rückseitigen Gebäudeteil einen Eindruck dieses Gotteshauses mit dem Thoraschrein im Zentrum. Mit herzlichem Dank an unseren Guide, Frau Rauhhut, für ihre fachkundigen Beiträge und interessanten Exkursionen über den jüdischen Alltag endete der zweistündige Besuch in diesem Kulturdenkmal.

 

HB erlaubt sich zu betonen, dass der brillante Vortrag von Dr. Steffen Bruendel beim letzten Jour fixe eine für dieses Thematik sensibilisierende und öffnende Brücke war.

 

Ein Kontrastprogramm, denn nach 200 Metern Fußweg erwartete uns Heine-Freund René Heinersdorff in seinem Theater im Rathaus. Zu Gast war auch der Essener Förderkreis des Theaters. So begann um halb acht im gut besuchten Theater die Aufführung „Familie Malente – Aber bitte mit Sahne“, eine vortrefflich gelungene und pointenreiche Parodie der deutschen Schlagermusik und Verbraucherwerbung der Siebziger. Schnell eroberten die Brüder Malente und ihre beiden Kolleginnen die Herzen des Publikums. Zwerchfellerschütternde Slapsticks, die uns allen noch bekannten Hits, die zum Klatschen und Mitsummen animierten, live gesungen und getanzt. Dazu in den schrillen Klamotten jener Epoche, Plateauschuhe, Bundfaltenhose mit Schlag, buntbedruckte Kleidchen und Nightys. Ilja Richter, Derrick, Hans Rosenthal und Jean Pütz in ihren typischen Formaten kehrten zurück. Kurzum: Ein berauschendes Potpourri aus Hits und Tanzeinlagen, ein zündendes Feuerwerk aus Gags und Sketch. Standing Ovations, eine krönende Zugabe, die den Titel des Stücks, Aber bitte mit Sahne, einlöste.

 

 

René Heinersdorff vertritt als Theatermacher den Standpunkt, Theater müsse in erster Linie unterhalten, könne auch eine Botschaft vermitteln. „Familie Malente - Aber bitte mit Sahne“ bot beides, erstklassiges Entertainment und eine Botschaft. Meine lautet, wir tragen die Jugend noch in uns, sonst hätte uns das Stück nicht so fasziniert.

Ein Heine-Freunde-Tag, der herbststürmisch gegann und mit stürmischem Applaus ausklang. Ein herzliches Dankeschön und großes Kompliment an Bernd J. Meloch (BJM), Organisator dieses Events, der mit dieser ausgewogenen Mischung aus Erinnerungskultur und herrlich leichter Muse den Geschmack der Heine-Freunde getroffen hat.

(hb)

 

 

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