Nach einem kurzen Come-together ergriff HF Dr. Andreas Turnsek das Wort, begrüßte als Vorstand die anwesenden Heine-Freundinnen, Heine-Freunde sowie Gäste des Abends im WCD, wies auf bevorstehende Veranstaltungen des HHK hin und berichtete über die Genesungsfortschritte von HF Bernd J. Meloch, der fest damit rechnet, rechtzeitig nach erfolgreicher Reha bzw. Re-Mobilisierung beim Matjesessen wieder im Kreise der HF zu weilen. Sodann stellte er die Referentin des Abends vor, Frau Emitis Pohl.
Das Motto ihres Vortrags, „Wer nie abbiegt, bleibt auf der Strecke“, klingt als Maxime in den Ohren älterer Zeitgenossen vermutlich etwas fremd, da in der deutschen Laufbahnmentalität die Treppe oder Leiter das Sinnbild für Karriere darstellt bzw. im Autoland Deutschland der Highway nebst Überholspur, aber auch Kriech- und Standspur die beliebte Metapher für das "auf der Strecke bleiben" als das "in der Spur bleiben" abgibt. Die Ambiguität von „auf der Strecke bleiben“, wohl der Jägersprache entlehnt, wird im Untertitel deutlich. „Mit Herzblut, starkem Willen und Vorbildern seine Ziele erreichen“. Mit dem Bericht über ihre Vita war das Rätsel schnell gelöst. Als Dreizehnjährige, aufgewachsen in einer gut situierten Familie in Teheran, verließ sie angesichts des Schrecken des Golfkriegs ihre Familie und Heimat und flüchtete nach Deutschland, nach Hamburg. Heute nennt man solche Kinder amtssprachlich „unbegleitete minderjährige Flüchtlinge“. Ihr Ziel war, hier die Schule mit einem höheren Abschluss zu besuchen, was ihr auch mit Hilfe von betreuenden Menschen, dem Zuspruch ihrer Familie in der Ferne, ihren familiären Vorbildern und ihrem unerschütterlichen Willen gelang. „Lernen ist wie Rudern gegen den Strom. Sobald man aufhört, treibt man zurück.“Nach dem Abitur in Gießen wäre ihre Duldung abgelaufen, doch durch die schnelle Immatrikulation im Bauingenieurwesen war ihr der weitere Aufenthalt sicher. Nach Vordiplom wechselte sie das Fach, studierte Werbekommunikationswirtin, gründete nach einigen Jahren Berufstätigket als nebenbei Mutter und Hausfrau in einer Kölner Werbeagentur 2007 ihre eigene Agentur mit aktuell zwanzig Mitarbeitenden. Mit ihrem autobiografischen Buch, „Deutschsein für Anfänger - Integration ist meine Pflicht!“ trat sie in die breite Öffentlichkeit und erlangte schnell hohe Bekanntheit in den Medien. Ihr 2022 gegründeter Verein „seiSTARK e.V.“ engagiert sich beispielhaft mit vielen Angeboten für sozial benachteiligte Frauen, widmet sich seit Beginn des Ukrainekriegs mit Hilfestellungen ukrainischen Geflüchteten. Wie man junge Geflüchtete bei der Integration mit persönlichem Einsatz hilft, wird am Werdegang ihres afghanischen Ziehsohns deutlich, der eine Ausbildung zum Koch anstrebt. Das breit gefächerte Angebotsspektrum von „seiSTARK e.V.“ in Problemfeldern kann hier nicht en detail berichtet werden. Weitere Informationen über die vielfältigen Aktivitäten bieten die Internetpräsentationen von https://seistark-ev.de/ und https://emitispohl.de/.
(persönliche Anmerkung von hb, der sich fast zwanzig Jahre als ehrenamtlicher Einzelkämpfer für gelingende Integration von jungen Menschen mit Migrationshintergrund mit Bewerbungstraining an so genannten „Brennpunktschulen“ in Kooperation mit dem Strategieberatungsunternehmen BAIN & Company und in der Jugendarrestanstalt Düsseldorf engagiert hat: Frau Emitis Pohl und ihr Verein wirken in einer Handlungslücke zwischen Politik als Legislative und Verwaltung als Exekutive, die für viele Geflüchtete zum Schwarzen Loch werden kann, wenn Ehrenamt hier nicht eingreift.)
Nach den Ausschreitungen und Übergriffen in der Silvesternacht in Köln, die sie mit Ehemann und Töchtern als Augenzeugen erlebten, trat Frau Emitis Pohl mit ihrer Kritik am zu sorglosen Umgang mit kriminellen Geflüchteten in verschiedenen TV-Formaten wie Stern TV, Hart aber fair, Maischberger, Maybrit Illner auf, was ihr den Vorwurf von Xenophobie und inhaltlicher Nähe zur AfD einbrachte. Weitere TV-Auftritte in RTL II, „3 Familien - 3 Chancen! Das große Sozialexperiment“, ZDF-Auf der Couch mit dem Thema „Wege aus der Armut“, WDR-Magazin Frau tv - ihre Vita und die Bedeutung von Vorbildern, waren Foren für ihr soziales Engagement.
Ihr mit Verve und Empathie vorgetragener Beitrag erntete starken Applaus und regte natürlich angesichts der zum Wahlkampfthema hochgejazzten Migrationspolitik eine lebhafte Diskussion an, in der Frau Emitis Pohl aufgrund ihrer Expertise „ganz nahe dran“ couragiert ihre Ansichten vertrat und bella figura bewies.
"Starke Frauen werden nicht geboren, Sie entwickeln sich aufgrund der Stürme, die sie überstanden haben."
(hb)
Eine Vielzahl an Fotos von HF Rolf Purpar dokumentieren den Verlauf des Abends im WCD: