„JEDE ZEIT HAT IHRE AUFGABE,
UND DURCH DIE LÖSUNG DERSELBEN RÜCKT DIE MENSCHHEIT WEITER.“

HEINRICH HEINE

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Leben und Werk

Am 13. Dezember 1797 wird Harry Heine in Düsseldorf geboren. Harry Heine, denn den Vornamen Heinrich trägt er erst nach seinem Übertritt vom jüdischen Glauben zum Protestantismus. Allerdings ist selbst schon Harrys Geburtstag sozusagen „in Bewegung“. Denn er kommt auf eine Welt im Umbruch, zwischen zwei Jahrhunderten, er wird in eine Zeitenwende hineingeboren. Romantik und Revolution wird er zeitlebens in sich vereinen, seine Umwelt erfährt diesen Wandel, als er auf die Welt kommt. Nach seinem Tod findet sich eine Notiz Heines zu seiner Geburt:

„Um meine Wiege spielten die letzten Mondlichter des 18ten und das erste Morgenroth des 19ten Jahrhunderts“.

Auch das Geburtsdatum ist „in Bewegung“: 13. Dezember 1797, bestimmen oder gar nachweisen lässt sich dieses Datum aber gar nicht. Heines eigene Angaben schwanken zwischen dem 20. Oktober 1797 und dem 31. Dezember 1799. Manchmal gab er auch das Geburtsjahr 1800 an. Als ihn einmal ein sehr neugieriger französischer Journalist danach befragte, zog sich Heine mit diesem Satz aus der Affäre:

„Das wichtigste daran ist, dass ich geboren bin“.

„Die Stadt Düsseldorf ist sehr schön und wenn man in der Ferne an sie denkt und zufällig dort geboren ist, wird einem wunderlich zu Muthe. Ich bin dort geboren, und es ist mir, als müßte ich gleich nach Hause gehn.“

Diese Sätze sind allzu oft zitiert und herangezogen worden als Bekenntnis Heines zu seiner Stadt.

Allerdings empfindet Heine seine Vaterstadt als provinziell und weltoffen.

Im literarischen Nachempfinden dieses gemischten Heimatgefühls preist Heine seinen Heimatort als „waschechter Rheinländer“ mit doppelsinniger Überhöhung und viel Ironie.

Aber mit der Betonung der von ihm benannten Eigenschaften des „rheinischen Volkscharakters ist es ihm ernst. Dazu zählen für ihn: Lebensfreude, Anmuth, Freyheitsliebe, Beweglichkeit und unbewußte Tiefe“. Denn darin liegt für ihn, den es in die Ferne zieht, eine kosmopolitische Komponente, die er für seinen humanistisch-frühsozialistischen Veränderungswillen für unverzichtbar hält.

Er will die Wurzeln des Freigeistes, verankert im Rheinland, in Düsseldorf zu grellbunten Blüten treiben.

„Ich bin des freien Rheins weit freierer Sohn“, schreibt er.

Heine betrachtet seine Heimat skeptisch als aufmerksamer Beobachter, Poet und politischer Schriftsteller. In der eigenen Heimat wird er dafür von seinen literarischen Gegnern und politischen Feinden als vaterlandslos tituliert und somit verbal exiliert.

Bis heute bleibt in der öffentlichen Wahrnehmung ein Rest des Ruchs einer defätistischen Heimatlosigkeit bei Heine. Dabei zeigen gerade seine Reiseberichte, dass das Heimatgefühl Heines für Deutschland zwar abgeschnürt und erkaltet, aber eben nie erloschen ist.

Heine begreift sich als Weltbürger, als Kosmopolit, er spricht vom Humanismus als seiner Heimat und definiert seinen Patriotismus so:

„Ich werde Eure Farben achten und ehren, wenn sie es verdienen, wenn sie nicht mehr eine müßige oder knechtische Spielerey sind. Pflanzt die schwarz-roth-goldne Fahne auf die Höhe des deutschen Gedankens, macht sie zur Standarte des freyen Menschenthums und ich will mein bestes Herzblut für sie hingeben“.

Heine gibt bis zuletzt in seinem Pariser Exil seine humanistischen, kosmopolitischen Positionen nicht auf und fühlt sich doch auf verlorenem Posten.

Die Sprache, so Heine, sei ihm „das Vaterland selbst“ und weiter:

„…dieses Wort ist ja eben unser heiligstes Gut, ein Grenzstein Deutschlands, den kein schlauer Nachbar verrücken kann, ein Freyheitswecker, dem kein fremder Gewaltiger die Zunge lähmen kann,…ein Vaterland selbst demjenigen, dem Thorheit und Arglist ein Vaterland verweigern.“

Am 17. Februar 1856 stirbt Heinrich Heine. Das letzte Manuskript, das er zuvor in den Händen hielt, war eine Korrekturfassung der Reisebilder. Im Krankenlager zu Hause gebettet, in seiner Matratzengruft, schreibt er todkrank bis zum Ende in einem fort, schreibt sich fort, die einzige Form der Reise, die ihm bleibt. Auch die Ironie bleibt ihm, so schrieb er am Ende:

„Gott wird mir verzeihen. Es ist schließlich sein Beruf.“

Doch auch dies dichtete er, Verse eines sterbenden Reisenden ohne Rückkehr:

„Verlor´ner Posten in dem Freyheitskriege,
Hielt ich seit dreyzig Jahren treulich aus.
Ich kämpfte ohne Hoffnung, daß ich siege,
Ich wußte, nie komm´ ich gesund nach Haus.“

(Dr. Andreas Turnsek)
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